13.11.2019
Es gibt diese Momente im Sport, in denen die Menschen zu Mitgewinnern werden, weil sie zu nachtschlafener Zeit mitfiebern können. Bei den Boxenkämpfen von Muhammad Ali, den Grand-Slam-Siegen von Boris Becker – und dem ersten Weltmeistertitel von Michael vor 25 Jahren.
Der Große Preis von Australien 1994 auf den Straßen von Adelaide ist eines dieser Rennen für die Ewigkeit. Für Michael beginnt das Wochenende down under, das zu einem der wichtigsten seiner Karriere werden soll, mit einem heftigen Crash im Training. In der Startaufstellung steckt sein Benetton in einem Williams-Sandwich. Vor ihm auf der Pole-Position Nigel Mansell, hinter ihm der Titelrivale Damon Hill. Wieder eines dieser berühmten britisch-deutschen Duelle im Sport. Showdown!
Tatsächlich kommt es an diesem 13. November zu einem legendären Grand Prix. Nur ein Pünktchen Vorsprung auf Hill, und den gilt es 81 Runden lang unter der Sonne Australiens zu verteidigen. Michael setzt sich sofort an die Spitze, Hill klemmt sich in das Heck. Eine wilde Jagd beginnt. In Runde 36, nach einem Überrundungsmanöver, rutscht der Benetton von der Piste. „Ich dachte, jetzt ist der Titel beim Teufel“, erinnert sich Michael. Das rechte Vorderrad touchiert eine Mauer, irgendwie gelingt es ihm, das Auto trotz verbogener Aufhängung zurück auf die Straße zu bringen. Die Reifen voller Gras und Dreck rutscht es nur noch. Er versucht verzweifelt, den Wagen wieder einzufangen, da kommt von hinten Hill herangeschossen. Mit dem Instinkt des Rennfahrers und nach der Regel, dass dem vorne liegenden die Kurve gehört, verteidigt Michael die Ideallinie. Hill will sich innen vorbei zwingen, da kracht es auch schon. Michaels Benetton schlittert in die Reifenstapel, der Rivale fährt weiter.
In den deutschen Wohnzimmern ist ein kollektives Aufstöhnen zu hören. Für den völlig enttäuschten Fahrer hinter dem Fangzaun beginnen dramatische Minuten: „Es waren unglaubliche Augenblicke, ich war völlig aufgelöst. Ich wusste nicht, was mit Damon passiert war, aber ich wusste, dass es kein Problem für ihn sein sollte, den einen Punkt Vorsprung, den ich hatte, aufzuholen.“ Nur fetzenweise versteht er den Streckensprecher, irgendwann schnappt er etwas von einem Reifenschaden bei Hill auf. Michael wartet, ob der Rivale wieder vorbeikommt, aber er wartet vergeblich. Beim Williams ist die die Vorderradaufhängung verbogen.
Hill ist draußen, Schumi Champion. Er versteht es erst, als ihm ein Streckenposten gratuliert. Aber richtig begreifen kann er es doch nicht. Was für ein Abschluss einer dramatischen Saison. Acht Siege in 16 Rennen, und dann mit einem Ausfall Weltmeister werden. „Ich wusste überhaupt nichts mehr, ich wusste nicht, ob ich mich freuen sollte, in mir waren sämtliche Gefühle total vermischt. Es war schrecklich da draußen, aber es war unbeschreiblich, als es dann endlich feststand,“, sagt Michael über die emotionale Achterbahn, „obwohl ich damals so konfus war, dass ich das gar nicht richtig einordnen konnte.“
Michael hat geschafft, was noch nie ein Deutscher zuvor geschafft hat – als erster Deutscher die Krone in der Königsklasse zu holen. Die Formel-1-Welt steht Kopf, und auch in der Heimat dämmert es den Fans langsam: Wir sind Weltmeister!
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