Saison in Worten

2012 Das Abschiedsjahr einer großen Karriere

Nachdem sich im Vorjahr ein Aufwärtstrend abzuzeichnen schien, geht Michael mit ebenso großen wie realistischen Erwartungen ins neue Rennjahr. Er hofft auf einen verbesserten Silberpfeil, der es ihm erlaubt, an der Spitze mitzuhalten.

Als die Karten beim Saisonauftakt in Melbourne im Qualifying auf den Tisch gelegt werden müssen, sehen sich die Optimisten im Team Mercedes bestätigt: „Schumi“ stellt seinen Boliden auf Platz vier. Lediglich die zwei McLaren und ein Lotus rangieren vor dem Rheinländer. Michael hält den Ball flach, zumal er sich das gute Abschneiden „nicht so recht erklären“ kann. Stimmen, die bereits von einem möglichen achten Titelgewinn sprechen, begegnet er sachlich analysierend: „Klar, der Titel ist mein Ziel, aber nüchtern betrachtet kann man nicht davon ausgehen, dass wir – basierend auf unserem Vorjahresauto – nun einen Weltmeisterwagen haben werden.“

Bitterer Beginn

Am Sonntagabend steht Michael mit leerem Punktekonto da, denn ein Getriebeschaden wirft ihn bereits in der Anfangsphase des Grand Prix aus dem Rennen. An Frust dieser Art – die Früchte der sorgfältigen Vorbereitung nicht ernten zu können – wird er sich 2012 gewöhnen müssen, wie ein Blick in den Rückspiegel zeigt: 20 WM-Läufe umfasste das Rennjahr, und gleich siebenmal kam der Deutsche nicht in die Wertung. Bei genauer Betrachtung wird die Defektanfälligkeit seines Autos deutlich, denn insgesamt fünf Pannen unterschiedlichster Art stoppten seinen Dienstwagen.

Hinzu kommen zwei Kollisionen, die nach Ansicht der Kommissare durch Michael Schumacher verschuldet wurden. Im „Fall Vergne“ ist das Urteil der Funktionäre korrekt. Anders aber im Fall des Crashs während des Spanien GP, in den neben Schumacher auch Bruno Senna verwickelt war. Der Brasilianer fuhr in „Turn 1“ einen befremdenden Zickzackkurs, dem der Kerpener beim Überholen zum Opfer fiel.

Pole mit Ansage

Michael nimmt die Strafe – eine Rückversetzung um fünf Startplätze in Monaco – mit Humor: „Dann starte ich dort eben vom sechsten Platz.“ Tut er auch, denn im Straßenlabyrinth von Monte Carlo – wo er sich 1994 die erste Pole-Position seiner F1-Karriere gesichert hatte – ist er am frühen Samstagnachmittag der Maßstab aller Dinge. Keiner seiner 23 Rivalen kann die Zeit des 43jährigen unterbieten. Ohne den Senna-Incident hätte sich der Mercedes-Pilot damit die 69. F1-Pole gesichert. Im Rennen kann Schumacher nicht glänzen, denn der Achtzylinder in seinem Rücken „verdurstet“, weil der Benzindruck kollabiert. Der Rennfahrer, der „insgeheim auf eine Podestplatzierung gehofft“ hatte, ist tief enttäuscht, was als einer der Beweise für seine unverändert hundertprozentige Motivation gewertet wird.

Doch noch ein Podestplatz

Knapp einen Monat nach dem monegassischen Frusterlebnis holt Michael in Valencia das Versäumte nach und sichert sich hinter den beiden Ex-Weltmeistern Fernando Alonso und Kimi Räikkönen als Dritter den ersehnten Podestplatz. Doch dieser Erfolg kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Mercedes kein konkurrenzfähiges Auto auf die Räder gestellt hat. Zudem kann Michael zwei seiner Stärken nicht in die Waagschale werfen. Zum einen ist es ihm wegen der rigiden Testvorschriften nicht möglich, in gewohnter Manier bei der Weiterentwicklung des Boliden mitzuhelfen. Zum anderen spielen die vorgeschriebenen Einheitsreifen weder dem Mercedes-Fahrwerk, noch dem Piloten in die Karten. Mit Rücksicht auf die empfindlichen Gummis geht es nicht mehr darum, gegebenenfalls auf der „letzten Rille“ zu fahren und das Auto auch im physikalischen Grenzbereich sicher zu beherrschen. Gefragt ist vielmehr, relativ flott zu „rollen“ und dabei dennoch befürchten zu müssen, dass die Pneus trotz der vergleichsweise kommoden Gangart die permanente Konfrontation mit dem Asphalt nicht durchstehen.

Die Rücktrittserklärung

Am 4. Oktober – Michael liegt mit 43 WM-Punkten auf Platz zwölf der Punktetabelle – erklärt er im japanischen Suzuka um 17 Uhr Ortszeit seinen endgültigen F1-Rücktritt zum Saisonende. Anschließend fühlt sich der GP-Pilot, der die Szene jahrelang beherrscht hatte und einer Epoche seinen Stempel aufdrückte, nach eigenen Worten „erleichtert“. Leicht ist ihm die Entscheidung nicht gefallen, aber aus seiner Sicht ist sie logisch und konsequent. „Wir haben unsere Ziele verfehlt. Gemeinsam mit Mercedes wollte ich ein Auto entwickeln, das die Weltmeisterschaft gewinnen kann. Das ist uns nicht gelungen, und daran müssen wir uns messen lassen.“

Bis zum Saisonende kleckern sechs weitere Punkte nach, dann tritt Michael von der Asphaltbühne ab. Was hat er gebracht, der dreijährige F1-Nachschlag bei Mercedes? Eine Antwort zu geben, fällt nicht schwer: 58 weitere Grand Prix. 58 Mal konnte „Schumi“ seine Leidenschaft und Begeisterung für den Motorsport ausleben und auskosten. Und er, der seit seinen ersten Rennrunden immer wieder glaubhaft von einem nicht enden wollenden Lernprozess sprach, bringt seine letzten F1-Erfahrungen auf einen klugen Nenner: „Für einen selbst steckt in Niederlagen oft ein größerer Gewinn als in Siegen.“

Welch positiven Eindruck Michael im Verlauf seiner letzten F1-Saison auch im innersten Zirkel des Fahrerlagers hinterließ, wird gut ein Jahr nach seinem Ausstieg deutlich, als ihm das Top-Team Lotus ein Cockpit für die GP in Austin und Interlagos anbietet.


Statistik

2012 Saison in Zahlen

13

WM-Platzierung

0

Grand Prix Siege

1

Podiumsplätze

49

Erreichte Punkte

1

Schnellste Runden

0

Pole Position


Das Auto

Mercedes F1 W03

Mercedes F1 W03

Alle Grand Prix

Die Rennen der Saison 2012

18.03.2012

MELBOURNE

AUSTRALIEN

Platzierung

Quali 4

Rennen DNF

25.03.2012

SEPANG

MALAYSIA

Platzierung

Quali 3

Rennen 10

15.04.2012

SHANGHAI

CHINA

Platzierung

Quali 3

Rennen DNF

22.04.2012

BAHRAIN

BAHRAIN

Platzierung

Quali 18

Rennen 10

13.05.2012

BARCELONA

SPANIEN

Platzierung

Quali 9

Rennen DNF

27.05.2012

MONTE CARLO

MONACO

Platzierung

Quali 1

Rennen DNF

10.06.2012

MONTREAL

KANADA

Platzierung

Quali 9

Rennen DNF

24.06.2012

VALENCIA

EUROPA GP

Platzierung

Quali 12

Rennen 3

08.07.2012

SILVERSTONE

GROSSBRITANNIEn

Platzierung

Quali 3

Rennen 7

22.07.2012

HOCKENHEIM

DEUTSCHLAND

Platzierung

Quali 4

Rennen 7

29.07.2012

BUDAPEST

UNGARN

Platzierung

Quali 17

Rennen DNF

02.09.2012

SPA-FRANCORCHAMPS

BELGIEN

Platzierung

Quali 13

Rennen 7

09.09.2012

MONZA

ITALIEN

Platzierung

Quali 5

Rennen 6

23.09.2012

SINGAPUR

SINGAPUR

Platzierung

Quali 9

Rennen DNF

07.10.2012

SUZUKA

JAPAN

Platzierung

Quali 13

Rennen 11

14.10.2012

YEONGAM

KOREA

Platzierung

Quali 10

Rennen 13

28.10.2012

GREATER NOIDA

INDIEN

Platzierung

Quali 14

Rennen DNF

04.11.2012

ABU DHABI

ABU DHABI

Platzierung

Quali 14

Rennen 11

18.11.2012

AUSTIN

USA

Platzierung

Quali 6

Rennen 16

25.11.2012

SAO PAULO

BRASILIEN

Platzierung

Quali 14

Rennen 7